Klartext360! mit David Käppler

Was Rechnungen alles können

Herzlich willkommen bei unserer Reihe Klartext360. Wir begrüßen heute bei uns David Käppler.

David ist Business Development Manager bei MEINBusiness, einem österreichischen Softwareunternehmen, und er erzählt uns heute, warum die Buchhaltung nicht gleich Reporting ist, was man mit Rechnungen alles erreichen kann und warum es nicht auf das Tool, sondern die Lösung ankommt!


David, erzähl uns doch einfach mal kurz, was steckt hinter MEINBusiness? 

Ja, sehr gerne! Wir sind ein Unternehmen, das sich auf die Digitalisierung der Betriebssteuerung in der Hotellerie und Gastronomie spezialisiert hat.

Wir haben als Dienstleistungsfirma gestartet, dann relativ schnell in Österreich expandiert und sind dann Richtung Software gegangen, weil wir gemerkt haben, alles, was wir tun, basiert auf Daten, die schwer zu generieren oder nur sehr mühselig auslesbar sind. Wir machen das Ganze jetzt seit 8 Jahren, haben 750 Betriebe aus der Hotellerie und Gastronomie als Kunden, von mittelständischen Unternehmen, Einzelstandorten über familiengeführte Hotels, Hotelgruppen bis hin zu Franchise-Systemen und Gemeinschaftsverpflegung – alles, was mit Lebensmitteln, Getränken und Betriebssteuerung in der Gastronomie zu tun hat. 

Im Endeffekt sind wir ein Tool, das die Aufgaben löst, die im Backoffice sehr viel Zeit fressen und Aussagen macht, ohne dass man manuell Daten eingeben muss –  das ist unsere Kernkompetenz, und so fühlen wir uns wohl. 

Wir bezeichnen uns als Dienstleistung mit einer Software, denn alles, was wir tun, beruht auf Daten, die irgendwo generiert werden müssen – und dabei soll der Kunde möglichst nicht warten. 

Und warum gerade Gastronomie-Kunden? 

Ich würde jetzt einfach sagen, weil wir nichts anderes gelernt haben.(lacht)

Wir sind 35 Mitarbeiter und wir kommen alle aus der Gastronomie. Der Anspruch, Gastronomie-Kunden anzusprechen, ist aus dem entstanden, dass wir in unseren letzten Jahren in der Gastro Themen hatten, die uns geärgert haben oder die mühselig waren. 

Es war eigentlich immer der Anspruch, dass man am Gast ist, das ganze Thema Gästezufriedenheit, Konzeptionen pflegen kann und das Thema, was uns bewegt hat, war einfach: Wie können wir diese Backofficeprozesse vereinfachen, die gemacht werden müssen. 

Wir sind alle Unternehmer, und Unternehmertum bedeutet eine gewisse Kontrolle und natürlich auch eine Betriebssteuerung. Aber dafür sollte man nicht unendlich viel Zeit investieren.

Wenn ich vielleicht kurz ausholen darf:

Vor 8 Jahren haben Markus und Markus (CEO Markus Schwarzenbacher und COO Markus Schnirzer, Anm. der Redaktion) die Firma gegründet und sich mit der Frage beschäftigt: Wie kann man der Gastronomie eine Dienstleistung bieten, die gewisse Prozess-Arbeiten abnimmt, die sehr mühsam sind.

Wir haben begonnen, ein ausgelagertes F&B-Management aufzubauen. Was heißt das? Jeder Kunde ist individuell, hat sein Konzept und seine Bedürfnisse, die jedoch immer unterschiedlich sind. 

Uns ging es darum, eine Dienstleistung aufzubauen, die genau die Dinge macht, die viele ungern machen: mit Lieferanten zu verhandeln, alles aufzubereiten, die Daten, die man dafür braucht, in einen Kontext zu bringen, einen Vergleich zu machen, der auch fair ist, also nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Aber dies muss jeweils individuell sein. Man kann nicht anfangen, Einkaufspools aufzubauen, die dann bei einem anderen Gastronomen vielleicht überhaupt nicht passen, daher braucht man individuelle Verhandlungen der ganzen Lieferkette sowie individuelle Nachbetrachtung und auch permanente Betreuung, da alles, was man in dem Bereich verhandelt, dann auch in die Tat umgesetzt werden muss.

Es bringt nichts, wenn ich eine Verhandlung mache und dann später andere Waren geliefert werden, andere Waren bestellt werden – und ich glaube, das wird unser Hauptthema – wenn die Dinge überhaupt nicht ankommen. Es bringt nichts, wenn die Ware gut verhandelt, aber falsch verarbeitet wird.

Diese Themen haben uns beschäftigt, und die haben wir in Excel aufgebaut. Beim 30. Kunden ist uns aufgefallen, dass das eine Grenze hat. Das war für uns nicht wirtschaftlich. Wir wollten irgendwann auch mal Geld verdienen mit der Firma und haben gemerkt, wir müssen mit jedem 10. Kunden eine Administrationskraft beschäftigen, die diese Daten/Einkäufe, Verkäufe in Excel bringt. 

Und das war eigentlich der Grund, warum es jetzt MEINBusiness gibt. Wir hatten das Riesenglück, damals im zweiten Jahr der Firmengeschichte, einen Software-Unternehmer mit ins Team zu holen, der mittlerweile hundert Prozent seiner Zeit in uns investiert und das Unternehmen mit aufgebaut hat. 

Thomas Frank ist seit 30 Jahren in dem Bereich tätig, und er hat uns die Kompetenz gegeben, das Ganze in eine Datenbank zu bringen, die mittlerweile nichts anderes macht, als Daten zu verarbeiten. Und – wie zu anfangs gesagt – mit dem Anspruch, dass der Kunde/ Gastronom diese Daten nicht selbst eingeben muss. 

Ich will nicht zu viel vorwegnehmen, aber soviel kann ich sagen: Unsere Datenquelle ist nicht wie die klassische Warenwirtschaft, dass ich Lieferscheine eingebe, Preise warte oder irgendwelche Dinge tue, wozu es wieder Mitarbeiter braucht. 

Wir digitalisieren alles auf Basis der Rechnung, weil die Zukäufe unserer Erfahrungen nach zu 99 % der Wahrheit entsprechen. Wir digitalisieren die Rechnungen und machen daraus ein stimmiges Reporting, zusätzlich löst das auch gleich den Buchhaltungs-Vorbereitungsprozess bis hin zum Steuerberater mit automatischen Anreicherungen der Kontierung. Zusammen mit der Kasse gibt das natürlich dann einen Wahnsinns-Datensatz bis hin zum kleinsten Deckungsbeitrag auf Artikel-Ebene. 

Wie fit sind denn generell Gastronomen in Sachen Controlling? Wie sieht es denn aus mit der Warenwirtschaft? 

Das ist ganz unterschiedlich, und überall auf der Welt gibt es unterschiedliche Typen und Menschen und Konstellationen. Es gibt Unternehmen mit mehreren Geschäftsführern und meistens ist einer der Zahlen-affine. Dann gibt es auch Einzelbetriebe, wo meistens der Geschäftsführer alles ist und macht. 

Ich sage mal so, es ist niemand Gastronom geworden, um ein Controller zu sein. Dieses Thema steht in der Gastronomie nicht im Vordergrund. Was ich aus meiner Historie in der Hotellerie weiß: Du hast hunderttausend andere Themen, die A wichtiger sind und B mehr Spaß machen. Dass du vorne am Gast sein kannst und deine ganze gastronomische Welt lebst. Deswegen ist dieses Thema natürlich in der Branche noch nicht so weit verbreitet.

Aber ich muss jetzt auch die Gastronomie in Schutz nehmen. Es ist leider in der Branche relativ schwierig, ein gutes Controlling zu machen, weil man so viele Informationen verarbeiten muss. In anderen Branchen hat man oft nur 3-4 Zulieferer, die auch eine überschaubare Produktpalette liefern. 

In der Gastronomie hast du das Problem, dass du von im Schnitt 10-15, in Hotels sogar von 30 bis 50 unterschiedlichen Zulieferern Waren bekommst, im Schnitt mit bis zu 1000, 3000 oder 5000 Artikeln. Ich kenne Hotelketten mit bis zu 10000 unterschiedlichen Produkten, weil auch die Gäste und Produkte aller Standorte variieren, und da sind natürlich auch die Konzepte angepasst. 

Daraus jetzt Controlling zu machen, ist nicht so einfach. Wie soll aus diesen ganzen Informationen wieder alles zusammenlaufen, ein ordentliches Reporting gemacht werden? 

Meistens ist es noch so: Reporting ist die Buchhaltung. Der Steuerberater ist in den meisten Fällen ausgelagert. Und es gibt unterschiedliche Arten von Steuerberatern. Es gibt Gastronomie-affine, es gibt aber auch welche, die die Gastronomie-Kunden so nebenbei machen und das ist immer schwierig. Die Verzögerung ist auch ein Problem.

Meist hat man nach 6-8 Wochen die BWA. Dann hat man aber oft Zahlen, die nicht in der Tiefe genau sagen, woher die Ursache dieser Kosten kommt? Deswegen ist das ganze Thema in der Gastronomie schwer. Es sind viele Lieferanten, die viele Daten liefern, die meistens auch noch von der Datenqualität nicht optimal sind. Diese muss der Gastronom irgendwo verarbeiten, und diese Daten kommen dann auch noch verzögert in der Buchhaltung an. 

Ursprünglich war die Lösung “ich mache Warenwirtschaft”, so haben wir das auch im Hotel gemacht. Dort hat man natürlich die Mitarbeiter, die in dem Bereich diese Daten generieren, Controlling machen und die ganzen Listen und Warenwirtschaft am Leben halten. Das funktioniert für große Unternehmen. Jedoch ist das Thema Personal überall in der Branche angekommen, auch in großen Unternehmen hast du kaum noch Leute. 

Warenwirtschaft hat sicher seine Berechtigung in gewissen Bereichen, ist aber oft nicht handhabbar, weil die Zeit fehlt, diese ganzen Informationen einzugeben. Deswegen wird Warenwirtschaft in der Gastronomie, v.a.in der Einzelgastronomie, kaum verwendet. In den größeren Bereichen vielleicht momentan schon noch, aber in Zukunft werden hier immer weniger Daten oder andere Informationen eingepflegt, um dann am Ende einen Output zu haben. Das sind zwar wichtige Informationen, aber wie sie generiert werden, wie viel Zeit das kostet, dahin zukommen, mit all den operativen Kosten… Da frage ich – ist die Waage hier ausgeglichen? Steht das noch im Verhältnis?

Ich bezweifle das, und in vielen Fällen wird bewiesen, dass das nicht dafür steht, sondern dass wir andere Wege finden müssen, um hier die Aussagen zu bekommen, die man jeden Tag für Entscheidungen haben muss. 

Du hast es jetzt im Prinzip schon angedeutet, aber wie profitieren jetzt eure Kunden ganz konkret, und kannst du das vielleicht auch beziffern? 

Gerne! Wie sie konkret profitieren, in ganz kurzen Sätzen:

Sie bekommen ein Live-Berichtswesen, ohne dass eine manuelle Dateneingabe erfolgt. 

Außerdem: Die Datenverarbeitung läuft im Hintergrund, was immer gleichwertige Berichte liefert und automatisch diesen mühseligen Prozess optimiert –  angefangen vom Rechnungseingang über die ganze Verarbeitung, Eingabe von Dingen bis hin zur Buchhaltung-Kontierung. Das alles ist immer aufwendig, ob die Buchhaltung ausgelagert ist oder ob man sie im eigenen Haus hat. 

Und um es mit Zahlen zu untermauern: Kein Kunde hat mehr Papierrechnungen. Wir kriegen alle Rechnungen über 2 Wege sofort automatisch ins System. Einmal über Schnittstellen: die schicken die Rechnungen aller möglichen Artikel und Informationen perfekt automatisiert ins System. Das betrifft einen gewissen Teil der Lieferanten.

Alle anderen Rechnungen, auch die sonstigen Kosten wie Energiekosten, kommen meistens als PDF. Da läuft es dann so: Jeder Kunde hat eine Inbox-Adresse, an diese werden die Rechnungen geschickt und von uns digitalisiert. PDFs sind aber nur digitale Dokumente und ehrlich gesagt nicht mehr wert als Papier. Ökologisch besser, aber es nützt immer noch nichts, weil es kein Datenblatt ist. 

Wir verwenden verschiedene Verfahren, je nachdem für welchen Lieferanten wir welche Datenquellen brauchen – mal genügt der Betrag, bei Energie zum Beispiel, da brauche ich nicht das ganze Dokument auslesen. Aber bei anderen Lieferanten, von Gemüse zum Beispiel, oder der Eier-Bauer, die keine Schnittstelle haben, da digitalisieren wir das Dokument, lesen alle Daten, Artikelinformationen usw. aus und machen daraus im ersten Schritt eine rechtliche Prüfung, ob die Rechnung überhaupt so in die Buchhaltung darf. Der Kunde gibt als Nächstes das Ganze frei oder kann die Rechnung natürlich auch abweisen bzw. seine Zahlungen direkt leisten. Alle Informationen der Rechnung sind vorbereitet und automatisiert für die Buchhaltung. 

Für den Steuerberater hat es den Vorteil, dass wir ein riesiges Datenmanagement im Hintergrund haben, das sich darum kümmert, dass all diese Dokumente mit Zusatzinformationen angereichert werden. Jeder Steuerberater hat ja seine eigenen Kontier-Regelsätze, und jeder Klient eigene Buchungssätze. 

Wenn wir das Dokument auslesen, erkennen wir alle Produkte und haben im Hintergrund weitere Auswahlkriterien rund um diese Produkte, da wir gemeinsame Produkte über alle Kunden hinweg erkennen. Die Klassifizierung weiß, dass Coca-Cola immer alkoholfrei und eine Limonade ist. Das ermöglicht, ein Produkt automatisch zuzuordnen, sodass das Aufwandskonto, das immer individuell bei jedem Kunden ist, so gut wie immer auf unsere Klassifizierung passt. Dadurch entsteht eine automatisierte Buchhaltungsvorbereitung und Kontierung. Das heißt, unser System kann bei 80 – 90% der Rechnungen schon mal einen Vorschlag für die Kontierung machen.

Zudem kann man alles bis in die kleinste Einheit auswerten – auf der Artikel-, Warengruppen- und Klassifizierungsebene. Dies wird später mit den Erlös-Daten verbunden, um Auswertungen für das Berichtswesen zu machen.

Wir bekommen auf diese Weise einen kompletten Arbeitsfluss in der Buchhaltungsvorbereitung und als “Abfallprodukt” die Berichte. 

So kann man bis in die kleinste Einheit analysieren, wo Kosten sind. Das ist ein ganz wesentlicher Schritt, um zu wissen, wo man massiv Kosten sparen kann. 

Um konkret Zahlen zu nennen: 

Was denkst du, kostet ein Papier-Buchhaltungsprozess, wenn du dieses Dokument als Brief bekommst gegenüber als PDF Dokument plus die Prozessschritte. 

Ich hab überhaupt keine Vorstellungen, das könnten 2 €, aber auch 5 € sein.

Studien haben gezeigt, dass eine Papier-Rechnung 15 €  im Schnitt kostet. 

Wow!

Wir rechnen immer auf 7 Jahre, da das Dokument auch solange ins Archiv gelegt werden muss. Das Papierdokument muss rechtlich und inhaltlich kontrolliert werden und danach geht es in die Zahlung. Das passiert alles manuell. Klar, das sind alles nur Minuten, aber die summieren sich. 

Dann geht das Dokument in die Buchhaltung, im schlimmsten Fall muss es dorthin transportiert werden. Im besseren Fall wird es gescannt und online übermittelt. Es gibt dann zumindest die Möglichkeit, den Prozess mit dem PDF einfacher zu gestalten. Aber die manuelle Korrektur dieser Dokumente kostet den Buchhalter auf jeden Fall Zeit. Irgendwann muss die Rechnung vielleicht auch mal wieder rausholt werden und jeder, der schon mal eine Rechnung gesucht hat, weiß, was ich meine. Dann sucht man schon mal ein paar Stunden.

Wenn man das alles in Zeit aufrechnet, wie viele Minuten alle Mitarbeiter damit zu tun haben, bist du schnell bei 15 €  – das ist sogar oft noch untertrieben. 

Ich denke v.a. an die umfangreichen Rechnungen, z.B. von Großhandelslieferanten, die meist viele Seiten enthalten. Es geht durch die Digitalisierung viel, viel schneller, diese Rechnungen freizugeben, zu kontrollieren, abzugleichen, automatisch einen Lieferschein zu bekommen und Zahlungen mit einem Klick zu erledigen. 

Jetzt sprechen wir von 3 € pro digitale Rechnung. 

Das ist ein krasser Unterschied. 

Wenn man eine BWA vom Steuerberater bekommt und da drauf steht, dass der Wareneinsatz in der Küche um 4 % gestiegen ist – dann hat man eine Zahl. Aber was macht man damit? Man sucht wieder Rechnungen raus. 

Digital geht man einfach in die Auswertung, klickt den Betrag, hat alle einzelnen Rechnungen und kann so bis in die kleinste Ebene alle Warenbewegungen nachvollziehen.

Wenn die Kasse angebunden ist, sehe ich auch noch den kompletten Warenverbrauch.

Wir arbeiten sehr stark am Soll-Ist Abgleich. So weiß man, was verbraucht und gekauft wurde. Ich weiß aus den Erlösen der Kasse, was ich verkauft habe. Das kann den unterschiedlichsten Ebenen gegenüber gestellt werden. So weiß ein Gastronom jeden Monat, wo das Problem liegt. Natürlich gibt es mal Verluste, Waren, die verderben. Das möchte man kontrollieren. Mit einem Soll-Ist-Abgleich hat man diese Kontrolle und kann entscheiden, ob das ein Betrag ist, den man verkraftet oder ober zu hoch ist und Arbeitsprozesse hinterfragt werden müssen. Der Deckungsbeitrag ist hier besonders wichtig, weil man sieht, welche Produkte wie viel beitragen, oder welche Rezepte angepasst werden sollten. 

Die Rezeptur und einfache Verwaltung der gesamten Kalkulationen – darin sind wir stark. Jeden Tag, jeden Monat müssen Dinge geändert werden. Ich vergleiche das immer mit der Formel 1. Ich glaube, viele Gastronomen haben ein schnelles Rennauto, das überall performen kann, aber die Strecke ist immer anders. Das Wetter ist immer anders. Das Setup der Mechaniker und des Autos muss immer wieder neu ausgerichtet oder die Reifen verändert werden. Wenn alles passt, fährt man schnelle Runden. So ist das analog auch in der Gastronomie. 

Wie war das während der Corona-Pandemie? Es gab ja auch Fördergelder für Software. Hattet ihr dadurch noch mehr Aufschwung, hat sich dadurch irgendwas verändert? 

Corona hatte für alle und natürlich auch für uns viele Anforderungen. Für die Gastronomen war es eine extrem schwierige Zeit und ist es bis heute.

Was sich verändert hat, ist die Affinität für Zahlen. Wir haben alle gelernt, dass man seine Kosten kennen muss und welche Hebel man einsetzen muss, wo überhaupt Steuerungsinstrumente sind. Das hat die Gastronomie nachhaltig verändert. 

Was die Förderung betrifft, gab es natürlich viele Möglichkeiten, in Österreich auch mit der AWS Förderung, die Gastronomen wahrgenommen haben. Ich glaube aber, das war nicht die Hauptmotivation, sondern mehr Kontrolle in das Unternehmen zubringen – gerade auch jetzt mit den unglaublichen Preissteigerungen. Man muss zu jedem Zeitpunkt sicher sein, dass man die Rechnungen noch bezahlen kann und dass man Deckungsbeiträge, Mitarbeiterkosten usw. im Griff hat. Das ist das Hauptthema. 

Wir sind in dieser Zeit gewachsen. Wir hatten viele große Projekte, unter anderem auch die Siemens Energy Sparte, die ihr ganzen Betriebskantinen umgestellt hat – ein idealer Zeitpunkt, weil wenig Geschäft war. So war Zeit, Prozesse neu zu durchdenken.

Digitalisierung ist nicht überall der Heilsbringer und nicht überall sinnvoll. Man muss sich genau anschauen, was passt. Dieses Bewusstsein hat sich in den letzten Jahren nochmal gesteigert. 

Gab es einen Unterschied zwischen Deutschland und Österreich, weil wir natürlich sehr stark auf den deutschen Markt fokussiert sind. Gab es mit den Förderungen irgendwelche Unterschiede im Vergleich zu Österreich?

Ich glaube, es war überall gleich. Deutschland hatte sogar die besseren Lösungen. Die Digitalisierung war aber auch hier nicht das Hauptthema. Den Kunden ging es meistens um Vereinfachung von manuellen Prozessen und mehr Transparenz. Das war die Hauptmotivation, und das ist in Österreich, Deutschland, Schweiz, Holland, wo wir aktiv sind, ähnlich gewesen. 

Wir haben von Digitalisierung gesprochen, von der Pandemie, das sind ja so Themen, die uns aktuell alle beschäftigen. Es gibt aber noch ein wichtiges Thema – Nachhaltigkeit. Trägt eure Software da auch irgendwas dazu bei? 

Absolut.

Als Firma haben wir die Philosophie, nachhaltig zu sein. So haben wir vor 3 Jahren die komplette Autoflotte auf Elektro umgestellt. Das war ein großer Schritt, gerade weil wir oft längere Strecken fahren. 

Aber wir haben gute Kompromisse gefunden und fahren auch mehr Zug 

Was unsere Kunden betrifft, haben wir uns dazu entschlossen, alle Server mit Grünstrom oder mit nachhaltig produzierten Strom aus nachhaltigen Quellen zu betreiben. 

Wenn ich unseren Buchhaltungsprozess nochmal ins Spiel bringen darf: Buchhaltung ist massiv umweltschädlich, wenn wir es mit Papier betreiben, mit jedem Dokument, das man ausdruckt oder per Post bekommt. 

Ein Beispiel: Man erhält aus einem Baum ungefähr 8000 Seiten A4 Papier. Wir schaffen es momentan, mit unserem Rechnungsvolumen, das wir für die Kunden digitalisieren –  im Schnitt 100.000 Rechnungen/ Monat – einen ganzen Wald im Jahr zu retten, aktuell sind das um die 89 bis 200 Bäume. 

Das ganze Papier ist ein Wahnsinn. Mal abgesehen von der 10 Jahre-Aufbewahrung werden hier auch wichtige Arbeitsflächen blockiert. Das muss nicht sein – das geht alles digital!

Klingt super! Was sind eure Ziele, mittelfristig, langfristig? Wo geht die Reise hin? 

Für uns liegt ganz klar der Fokus im DACH-Raum. Wir werden die nächsten Jahre in Deutschland viele große Projekte haben, aber auch zusehen, dass wir mittelständische Projekte betreuen. Auch auf die ganz normale Gastronomie setzen wir unseren Fokus. Es ist auch meine Aufgabe, die Marke MEINBusiness aufzubauen und noch bekannter zu machen, was wir derzeit in Österreich angefangen haben. 

Zudem sind wir gerade im vierten Forschungsprojekt der österreichischen Förderungsgesellschaft, die jedes Jahr Aufträge für Digitalisierungs-Unternehmen vergibt. Im September sind wir fertig, und soviel darf ich schon verraten: Wir machen das zusammen mit einer Universität und haben die letzten Jahre sehr stark mit künstlicher Intelligenz geforscht. In puncto Forecast geht es uns ganz stark darum, mit allen Informationen, die wir jetzt schon haben, zu prognostizieren, was passieren wird. Da sind wir auch beim Thema Nachhaltigkeit, Stichwort Food Waste, das ist ja überall gegenwärtig. 

Wir wollen mit künstlicher Intelligenz analysieren und prognostizieren, welche Gästegruppen es gibt, welche Gäste nächste Woche kommen, was gebraucht wird, wie viele Mitarbeiter eingeteilt werden müssen, aber vor allen Dingen im Bereich Food Waste ganz klare, präzise Auswertung der Ausstattung noch zu treffen. Das braucht man, um nicht zu viel zu kaufen und die Überfluss-Produktion einzudämmen. Das ist das Ziel, da geht die Reise hin. Im September kann ich dazu dann noch mehr sagen!

Das klingt spannend. Ich hoffe, du hältst uns dazu auf dem Laufenden. Vielleicht noch zum Schluss des Interviews etwas zu dir – hast du denn ein Vorbild oder eine Person, die dich inspiriert? 

Also ich glaube, im Leben kommt da viel zusammen, aber wer mich momentan und in den letzten Jahre sehr inspiriert hat, ist Frank Thelen. Er ist eine unglaublich inspirierende Persönlichkeit, gerade auch jetzt, wo wir in die ganzen Tech-Themen weiter reinwachsen. Dieser macht vor, dass auch in Europa oder in Deutschland konkret Digitalisierung und ähnliche Themen wichtig sind und auch Unternehmen groß werden können, die nicht im Silicon Valley sind. Da gibt es viele gute Beispiele, zu denen ich auch sehr gerne seine Podcasts höre und seine Veröffentlichungen lese, weil er gezeigt hat, dass Selfmade auch in Deutschland geht. 

Hast du auch noch vielleicht ein Lieblingszitat für uns am Schluss? 

Ich weiß gar nicht, woher es ist, aber ich finde es so treffend:

Software is a tool, not a solution! 

Ich finde das, auch im Arbeitsalltag, immer wieder wichtig zu sagen: Wir sind vielleicht verwöhnt von den ganzen Smartphones und den Apps, die dann irgendwas liefern. Aber wenn man in der Betriebs-Digitalisierung, wo viele Prozesse digitalisiert werden, glaubt, ich hole mir eine App und jetzt ist alles gelöst, ist das fatal.

Das ist immer der Punkt, an dem wir in jedem Projekt oder bei jedem Kunden, dem wir auch im Lizenzgeschäft ganz einfache Module verkaufen, immer auch sehr offen und ehrlich sind: 

Wann ist ein Tool und wann eine Lösung bei dir zu suchen? Es bringt wenig, wenn ich irgendwas digitalisiere und mit den Daten nichts mache. Das ist auch immer unser Anspruch, jeden Gastronomen zu unterstützen. Wir haben eigene Customer Success Manager, die sich vor allem darum kümmern, dass der Kunde erfolgreich mit dem Tool ist und dass Daten nicht nur ein Tool sind, sondern eben auch die Lösung am Ende ankommt –  und dass das hoffentlich auch am Bankkonto spürbar wird. Sonst haben wir im Endeffekt nur schöne Bilder und irgendwelche bunten Zahlen, die Eindruck machen, aber die überhaupt nichts bringen, wenn wir das nicht auf den Boden bringen und umsetzen.

Es war ein wunderbares Zitat und aber auch ein wunderbarer Abschluss für unser Interview. Ich bedanke mich recht herzlich für deine Zeit und freue mich, wenn Du uns auf dem Laufenden hältst, wie es bei euch mit der künstlichen Intelligenz weitergeht. 

Sehr gerne, vielen Dank auch für die Einladung.