Klartext360! mit Oliver Wendel

Ein Besuch beim Augustiner am Platzl

Wir begrüßen heute zu unserer Interviewreihe “Klartext360!” Oliver Wendel, den Wirt vom Augustiner am Platzl in München !

Im Rahmen der Serie #Klartext360! erzählt uns Oliver, wie es dazu kam, dass ihm ausgerechnet die Corona-Pandemie eine Chance zum lang ersehnten Traum bot: Das Augustiner am Platzl. Im Interview verrät er, welche Herausforderungen er zu bewältigen hatte und wie man auf die Idee kommt, in einer der größten Gastro-Krisen aller Zeiten ein Restaurant zu eröffnen.

 


Herzlich willkommen Oliver!

Ja, ganz herzlichen Dank für die Einladung!

Oliver, Du hast über 20 Jahre Erfahrung in der Catering-Branche und bist jetzt der Wirt vom Augustiner am Platzl –  das klingt nach einem sehr interessanten Umschwung in der Karriere, aber auch nach einem gewagten Umschwung. Kannst du uns ein bisschen was darüber erzählen? 

Ja, das waren tolle 20/25 Jahre in der Catering-Branche, aber mein Traum, seitdem wir seit Anfang der 2000er Jahre in München leben, war immer, Wirt in einem Wirtshaus werden zu können – am liebsten in einem Münchner Wirtshaus und am liebsten mit der Augustiner Brauerei – aber normalerweise ist das natürlich kein Wunschkonzert. 

So vergingen dann einige Jahre. Ich war nicht in dieser klassischen Wirtshaus-Szenerie drin. Aber in den letzten Jahren war ich hin und wieder in Kontakt mit dem einen oder anderen Objekt. Und so baute man sich ein Netzwerk auf. Während der Coronazeit kam dann die Augustinerbrauerei auf mich zu – in Verbindung mit dem Objekt Augustiner am Platzl. Und dann habe ich auch direkt, wie man so schön sagt, zugeschlagen. Es war eine große Ehre, Partner werden zu dürfen, Pächter zu werden. Und für uns ist das natürlich auch eine sehr spannende Reise, das klassische Eventcatering abzuschließen und in einer anderen Disziplin von 0 auf hundert zu gehen. 

Wir müssen uns immer noch jeden Tag kneifen, dass wir diese Chance bekommen haben, Wirt und Wirtin zu sein – ich mach das ja zusammen mit meiner Frau hier im Augustiner am Platzl.

War der Start mitten in der Pandemie jetzt eher ungünstiges Timing oder hast du gesagt “jetzt erst recht, jetzt ist ein guter Starttermin”?

Natürlich als normaler Bürger und normaler Mensch ärgert mich die Corona-Pandemie. Und es hat uns in der Eventbranche auch damals sehr hart getroffen und trifft uns immer noch sehr hart. Es ist in der Gastronomie eine große Herausforderung. 

Aber andererseits hatte Corona für uns auch etwas Positives. Wir hätten ohne diese Corona-Pandemie wahrscheinlich nicht die Möglichkeit bekommen, hier Pächter im Augustiner am Platzl zu werden. Deswegen sehen wir das positiv. 

Damals in der zweiten Lockdown-Phase, als die Brauerei auf mich zukam, da klang das erstmal ein bisschen absurd – ein solches Objekt, wo man ja auch ein paar Euro hinsichtlich Investition und Planung in die Hand nehmen muss. Aber ich habe mir damals direkt gesagt: 

Die Wirtshauskultur ist schon Jahrhunderte alt. Es gab verschiedenste Krisen und Pandemien. Und ein Wirtshaus in dieser Lage, sozusagen in der Hauptstadt der Wirtshäuser – wenn das nicht funktioniert, dann hat die Welt ein ganz anderes Problem. Also haben wir das als Chance gesehen und grundsätzlich ist für uns das Glas auch immer halbvoll. 

Alles ist natürlich auch immer mit Risiken verbunden, aber jede Selbstständigkeit ist das, und ich denke, diese waren oder sind kalkulierbar und wir sind froh, dass wir uns nicht von anderen Gedanken haben leiten lassen. Ich muss aber dazusagen: Der Vorpächter ist nicht wegen Corona raus. Er hatte während der Pandemie auch ein weiteres großes Objekt übernommen. Und dann haben Vorpächter und Brauerei den Zeitraum während der Pandemie genutzt, um eine Zäsur zu machen. Aber ohne diese Pandemie hätte man wahrscheinlich auch nicht diese Zäsur gemacht. Deswegen war das für uns eine Chance, und wir sind im Nachhinein sehr froh, dass wir diesen Weg gegangen sind. 

Was waren denn so konkrete Herausforderungen in deinem Wirt-Alltag, und wie hast du diese dann gelöst? 

Na ja, gut, die vorrangige Herausforderung ist schon die Pandemie. Die gesamten Vorbereitungen waren schon die ersten Herausforderungen. Als wir die Zusage erhalten hatten, war ja kein Wirtshaus offen. Was hätten wir getan, wenn alles normal gewesen wäre? Dann wären wir wahrscheinlich fast jeden Tag oder jeden zweiten Tag in eine Wirtschaft gegangen und hätten uns Dinge angeschaut:

Wie machen die das, was haben die für ein Tisch-Setup, wie ist die Personalkleidung? Wir hätten uns ein paar Notizen gemacht und einfach Dinge gesehen, die man vielleicht anders machen möchte.

Das fiel natürlich komplett aus. Das allein war in diesem Moment schon mal eine Herausforderung. Nicht in dieser täglichen Beobachtung sein zu können und die Dinge dann ohne diese Möglichkeiten zu planen und zu organisieren, hat aber auch die Chance und das Positive, Dinge einfach neu aufzusetzen und zu machen – ab es war zu diesem Zeitpunkt sowieso einfach nicht anders möglich.

Wir wussten auch nicht, auf was wir uns einlassen. Nach der langen Schließung ging es ab Ende Mai/Anfang Juni letzten Jahres dann langsam wieder aufwärts. Erst durfte nur der Außenbereich aufmachen, dann auch die Innenbereiche, aber mit vielen Restriktionen und entsprechenden Rahmenbedingungen. Wird es halb voll, stürmen die uns die Bude oder kommt überhaupt jemand? Das waren alles Gedanken, die uns umwandert haben. 

Man arbeitete von Woche zu Woche, und wir sind wunderbar gestartet. Da war ja tolles Wetter, tolle Stimmung, die Menschen waren froh, endlich wieder ausgehen zu dürfen, und von Woche zu Woche ging es wirklich bergauf mit den Umsätzen und dann auch mit der ganzen Umsetzung. Wir hatten einen Teil des Teams vom Vorpächter übernommen in Form des Betriebsübergangs, aber auch schon erste neue Mitarbeiter eingestellt in Service und Küche. Es entwickelte sich immer besser, und schon im Juli hatten wir Umsätze erreicht, die wir nicht für möglich gehalten haben. 

Worauf bist du denn in deiner Karriere besonders stolz? 

Also stolz ist immer ein sehr, sehr großes Wort. Ich bin im Nachhinein sehr dankbar und ganz froh, dass ich mich immer weiterentwickelt habe hinsichtlich verschiedener Stationen im Leben. 

Man ist manchmal über verschiedene Entscheidungen ganz glücklich und manchmal weniger glücklich. Im Nachhinein bin ich froh, dass ich mich damals für die Hotelfachschule in Heidelberg entschieden habe, dort meinen Betriebswirt zu machen.

Ich bin dankbar, dass ich mich über einen Kontakt für den Catering-Bereich entschieden habe und dadurch zum Event Catering gekommen bin, denn ich habe dort Dinge erleben dürfen, die ich in anderen Bereichen sicherlich nie erlebt hätte, national wie international. 

Ich habe bei den drei besten Event-Caterern Deutschlands als Geschäftsführer arbeiten dürfen. Ich hatte tolle Teams, da bin ich sehr froh und auch sehr dankbar.

Ein Stück weit stolz bin ich jetzt, Wirt zu sein vom Augustiner am Platzl – auch wenn wir jetzt noch am Anfang sind, noch viele Hausaufgaben machen müssen und auch noch viele Ideen haben, gemeinsam mit der Brauerei hier in den nächsten Jahren verschiedene Dinge zu gestalten. 

Ich bin stolz darauf, jetzt endlich angekommen zu sein und so fühle ich mich auch: Das ist ein Familienprojekt, gemeinsam mit meiner Frau das zu organisieren, zu gestalten und zu führen. Aber nicht nur mit meiner Frau, sondern auch mit unseren beiden Kindern. Deswegen schließt sich jetzt so der Kreis und ich freue mich, wie gesagt, das jetzt die nächsten Jahre entsprechend zu führen und zu gestalten. 

Wie würdest du sagen, hat sich die Gastronomiebranche in den letzten 10 Jahren verändert? Jetzt mal abgesehen von Corona… Was sind die größten Veränderungen in der Branche? 

Gut, das sind jetzt sicherlich die klassischen Punkte, die ich bringe. Sie ist schneller, kreativer, digitaler und nachhaltiger geworden. 

Unabhängig von Corona sind Digitalisierung und Nachhaltigkeit große Themen – Kernthemen, in denen sich die Branche in den letzten Jahren sehr verändert hat. 

Sie ist auch vielfältiger geworden. Und spannender. Ja, und an der ein oder anderen Stelle sicherlich nicht immer einfacher. Weil sich auch die Bedürfnisse bei den Menschen verändern – deswegen ist man da immer in Bewegung. 

Weil du gerade das Thema Digitalisierung angesprochen hast, das weiß ich aus der Gast-Perspektive: Corona hat die Digitalisierung in der ganzen Branche unglaublich beschleunigt. Was würdest du einem Gastronomen raten, an was kommt niemand mehr vorbei? Was braucht man? 

Das sind viele Punkte und das gilt vielleicht auch nicht für jeden, aber natürlich muss man sich mit dem Thema Digitalisierung beschäftigen. 

Aber vor allen Dingen und das würde ich gerne immer an den Anfang setzen: Man braucht viel Leidenschaft für das Thema. Das ist kein Projekt. 

Man braucht Leidenschaft für die Gastronomie. Und egal, in welcher Disziplin der Gastronomie, ist auf die Qualität zu achten. 

Das war schon vor 20/30 Jahren so und auch davor, das war vor 5 Jahren so, das ist jetzt so – und das wird auch in den nächsten Jahren so sein. Das wird häufig bei vielen neuen Ideen vergessen. 

Leidenschaft, Qualität, Digitalisierung – und vor allem auch in Verbindung mit dem Personal. Das sind aktuelle Herausforderungen, aber in den nächsten Jahren ist das mit die größte Herausforderung, da auch Haltung zu haben gegenüber dem Personal und in der Organisation des Personals. 

Das sind wichtige Kernthemen, um einen gastronomischen Betrieb, ob klein oder groß, erfolgreich zu führen. 

Oliver, was sind denn besondere digitale Tools in deinem Betrieb, auf was würdest du da speziell zu sprechen kommen, wenn du sagst, das machen wir speziell digital und sind da gut organisiert? 

Ein wichtiges Tool ist im Personalbereich. Hinsichtlich der ganzen Personalsteuerung, Einsatzplanung, Dienstplangestaltung, Urlaub, Anfragen, Genehmigungen, Krankmeldungen etc.  – diese Kommunikation läuft komplett digital und papierlos, und das erleichtert natürlich sehr viel und gestaltet den Prozess effizienter. 

Es gibt ein weiteres Tool, das Smart-Schank-Control, wo im Grunde genommen sämtliche Getränke digitalisiert werden, also was ist gebucht und wie viel wurde ausgeschenkt. Das ist für mich natürlich ein sehr wichtiges Steuerungsinstrument. So habe ich jeden Morgen einen Bericht des Vortages, für jedes Getränk.

Und dann gibt es noch das Küchenmonitoring. Das ist wichtig in der Kommunikation zwischen Service und Küche, im Kontext auch mit dem Kassensystem, auch hinsichtlich des Ablaufs in der Küche, vor allen Dingen an den einzelnen Posten. Das erleichtert vieles und macht gewisse Prozesse effizienter. Dies ist ein Tool, was wir erst ein paar Monate später eingesetzt haben. Ich hatte das aber schon von Anfang an in der Vorplanung im Kopf. Mein Küchenchef war auch ein Fan davon – es ist ja auch wichtig, dass die verantwortliche Person davon überzeugt ist. Wenn nur ich etwas will und meine operativen Leads nichts, ist es sehr schwierig. Dann muss ich diese entweder davon überzeugen oder wir finden eine andere Lösungen. 

Aber wir haben das gemeinsam abgestimmt und besprochen und haben uns das auch in ein/zwei Betrieben angeschaut. Dann haben wir uns aber dafür entschieden, noch zu warten. 

Mir war es erstmal wichtig, den normalen operativen Ablauf im Betrieb genauestens kennenzulernen. Die Stärken und Schwächen der Logistik kennenzulernen, dafür ein Gefühl zu bekommen – und dann zu gucken: Was brauchen wir oder was brauchen wir vielleicht nicht? 

Das war jetzt eine sehr sinnvolle Ergänzung. Dieses Tool in der Küche einzusetzen, ist natürlich auch nochmal eine Investition. 

Letztes Jahr im November haben wir uns dann endgültig dafür entschieden und es implementiert – und wir sind sehr froh, weil es den Ablauf in der Küche, auch mit den verschiedenen Posten in der Küche, gerade in der Kombination mit Service und Kassensystem, um einiges professioneller und besser macht. 

Welchen Rat würdest du jetzt einem Neu-Gastronomen mit auf den Weg geben, mit deiner Erfahrung gespickt, sodass er in Zukunft auch erfolgreich sein kann?

Ich werde mich sicherlich an der einen oder anderen Stelle wiederholen. Es ist sehr wichtig, für die Sache zu brennen, viel Leidenschaft zu entwickeln, über den Tellerrand zu schauen. Mit Kolleginnen und Kollegen zu sprechen, wie die das eine oder das andere Thema umsetzen. Das ist vermutlich ein Punkt, der sich auch während der Corona-Pandemie in der Gastronomie, in der stationären Gastronomie, sehr stark verändert hat: Dass die Branche enger zusammengerückt ist. 

Und ich sage mal, trotz des Wettbewerbs, diesen nicht als Wettbewerb zu sehen, sondern letztendlich, wenn wir alle erfolgreich sind, sind viele Menschen da und viele Menschen in der Stadt, und dann sind wir auch als Gastronomen zusammen erfolgreich!

Zu schauen, wie etwas in dem einen oder anderen Betrieb gelöst wird, um das dann alles zusammenzutragen und dann zu gucken: was kann für meinen Betrieb gelten oder was nicht. Auch mal den Mut haben, Dinge auszuprobieren. Und wenn man sieht, das passt nicht hundertprozentig, es auch zu korrigieren oder ganz rauszunehmen und was Neues einzusetzen, um es besser zu machen, das ist einfach sehr wichtig.

Nochmal: 

  • Leidenschaft
  • für die Sache brennen,
  • neugierig sein,
  • über den Tellerrand schauen,
  • und für alle Themen die Qualität nicht aus den Augen zu verlieren.

Egal, in welchem Bereich – Service, Operation, Küche, auch hinter den Kulissen im Büro – wir sind Dienstleister! Und am Ende des Tages bestätigt uns der Gast – oder eben nicht. 

Wir dürfen uns also nicht zu viel mit “hinter den Kulissen” beschäftigen. Final bezahlt uns der Gast, und der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Das darf man in jeglicher Vorbereitung und auch im täglichen Business nicht aus dem Auge verlieren: Dass wir das als Dienstleister machen und dass es wichtig ist, dass wir so viel wie möglich das Haus gefüllt haben.

Das sind alles Punkte, die man als Neu-Gastronom, aber auch als bestehender Gastronom, nicht aus dem Auge verlieren sollte. 

Hast du denn eigentlich ein Vorbild? Und falls ja, warum? 

Ich bin erstmal sehr geprägt von zu Hause, also durch meine Eltern. Ich bin in einem Pfarrhaus groß geworden, in einer großen Familie. Daher kam sicherlich auch das Interesse für die Gastronomie, durch die Organisation von verschiedenen Festen, privat wie auch Gemeindefeste. 

Meine Mutter ist Französin, dadurch habe ich beide Nationalitäten, auch das hat mich sehr geprägt, auch gastronomisch. Aber natürlich haben mich auch Menschen wie Michael Käfer oder Gerd Käfer geprägt, oder auch Klaus Peter Kofler – da bin ich einfach nur dankbar, dass ich mit ihnen viel Zeit verbringen durfte, viele Dinge lernen und durch diese Unternehmen auch viele Veranstaltungen erleben durfte, nationale wie internationale. 

Ich bin froh, dass ich diese Menschen ein Stück weit begleiten durfte, und all die Erfahrung packe ich jetzt in das Wirtshaus.

Hast du denn ein Lieblingszitat noch so zum Abschluss? 

Es gibt viele schöne Zitate, aber – da müssen sicher ehemalige Mitarbeiter schmunzeln, wenn sie das hören – es gab immer zwei Dinge, die ich gesagt habe. 

Erstens: Dass man brennen muss für die Sache!
Das habe ich versucht, immer an vorderster Front zu transportieren.

Aber mein Lieblingszitat, und das hab ich immer eingeworfen – auch in vielen aussichtslosen oder in schwierigen Situationen, wenn wir auf Veranstaltungen viel improvisieren mussten: 

Alles wird gut. 

Das ist ein Zitat, das mich immer begleitet hat. Es klingt vielleicht ein bisschen abgedroschen, aber ist im Event Catering und auch in der Gastronomie etwas sehr Positives und sehr Hoffnungsvolles – und so bin ich! 

Man muss in der Tat hinter den Kulissen ab und zu improvisieren, und in der Regel kriegt man das auch hin. Ja:  Alles wird gut – das ist ein schönes Zitat! 

Und auch ein wunderbares Schlusswort. 

Vielen Dank für das tolle Gespräch.