Klartext360! mit Stefan Kiefer

Im Einsatz für mehr Diversity

Wir begrüßen heute bei uns Stefan Kiefer, Geschäftsführer der Charta der Vielfalt e.V.

Herzlich willkommen zu Klartext360!

Stefan, Du bist ja lange Zeit bei der evangelischen Kirche gewesen und dann bei der Stiftung der Deutschen Fußball Liga (DFL Stiftung). Ehrlich gesagt wusste ich gar nicht, dass es sowas gibt (lacht). Jetzt bist Du seit gut eineinhalb Jahren bei der Charta der Vielfalt. Das klingt nach einem sehr sozial engagierten Werdegang, kannst Du uns mal abholen, wie es dazu kam?

Tatsächlich war das genau so, wie Du es beschreibst. Das war immer die Verbindung in meiner Vita, 2 rote Stränge: Da ist der Sport, der mich mein Leben lang begleitet hat. Und das soziale Engagement – beide Themen waren immer irgendwie gekoppelt, auch mit beruflichen Themen.

Ich habe meinen Sport in jungen Jahren sehr intensiv und einigermaßen erfolgreich betrieben und tatsächlich habe ich bereits in dieser Zeit aus dem Sport heraus gelernt, wie wichtig es ist, sich für andere Menschen einzusetzen – auch für Menschen, die sich selbst nicht so sehr für sich selbst einsetzen konnten. Diese Erfahrungen, gerade in jungen Jahren, hat mich sehr geprägt und auch viele Entscheidungen, die dann später im Berufsleben anstanden, beeinflusst.

Dabei war auch die Frage “was will ich eigentlich beruflich machen?”, “wie will ich das machen?” immer getragen von der Frage “was macht eigentlich Sinn?”

Ich wollte immer etwas Sinnstiftendes machen, und deswegen ist es vielleicht auch kein Zufall, dass ich viele Jahre für die Evangelische Kirche in Deutschland gearbeitet habe. Dort war es aber nicht immer so, dass ich ausschließlich für andere Menschen da war, das waren auch mal ganz alltägliche Verwaltungstätigkeiten. Aber später waren es eben auch geschäftsführende Aufgaben, wo ich das, was ich selbst wollte, gut und gewinnbringend einbringen konnte.

Der Weg über die Kirche, verbunden mit meinem später auch ehrenamtlichen Engagement im Sport, brachte mich als Vorstandsvorsitzender zur DFL Stiftung, wo ich mich für Kinder und Jugendliche einsetzen konnte, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Das waren persönlich eine große Bereicherung und eine große Freude gleichermaßen. Und die finanziellen Ressourcen des Profifußballs für diese Kinder nutzen zu können, war natürlich ein Glücksfall. Insofern habe ich das sehr gerne gemacht.

Insgesamt war ich 16 Jahre im Profifußball tätig, davon 10 Jahre bei Hannover 96 als Leiter der ersten Volunteer-Organisation im Profifußball. Da habe ich mit Ehrenamtlichen zusammengearbeitet, die sich für andere Menschen einbringen wollten. Es waren mehr als hundert Freiwillige, mit denen ich dort zusammenwirken durfte. Danach war ich 6 Jahre bei der Deutschen Fußball Liga. Nach dieser langen Zeit habe ich dann mal etwas ganz anderes gemacht.

Ich ging zur Charta der Vielfalt, was ich mindestens genauso sinnstiftend und genauso spannend empfinde. Ich freue mich sehr, mich mit vielfältigen Themen beschäftigen zu können.

Was macht ihr denn genau? Vielfalt/ Diversity ist ja ein sehr weiter Begriff – was verstehst du darunter, was versteht ihr darunter und wo liegen eure Schwerpunkte und Ziele?

Ich könnte es gar nicht besser beschreiben, als du es in deiner Frage jetzt gerade getan hast, denn es ist tatsächlich so: Vielfalt ist einweiter und sehr komplexer Begriff. Und das kann auch nicht anders sein, denn die Menschen, für die wir uns als Team bei der Charta täglich engagieren, die zahlreichen Persönlichkeiten, sind natürlich ebenfalls extrem vielfältig.

Im Arbeitskontext beschäftigen wir uns genau mit dieser Vielfalt. Wir nutzen dafür, um das ein bisschen weniger komplex zu machen, das Modell der 7 Vielfalts-Dimensionen. Es handelt sich dabei um Alter, ethnische Herkunft und Nationalität, Geschlecht und geschlechtliche Identität, körperliche und geistige Fähigkeiten, Religion und Weltanschauung, sexuelle Orientierung und soziale Herkunft. Hierbei ist aber ganz wichtig zu betonen, dass diese Dimensionen nicht losgelöst nebeneinander stehen, sondern alle ineinandergreifen.

Du hast mich gesehen, ich bin mittleren Alters, weißer Mann, und da würde man jetzt erstmal den unbewussten Vorurteilen folgen und sagen: naja, vielfältig ist das jetzt nicht wirklich, was er als Person darstellt. Lass es uns mal genauer beleuchten:

Wichtig ist es zu verstehen: Es gibt nicht nur die sichtbaren Dimensionen von Vielfalt, sondern auch die unsichtbaren Dimensionen. Ob ich beispielsweise eine Behinderung in mir trage oder nicht, siehst du im ersten Moment nicht. Du siehst, ich bin ein Mann. Damit haben wir das Thema Mann/Frau/das Gender-Thema berührt. Die sexuelle Orientierung siehst du ebenfalls nicht. Ich bin hetero, aber das könnte selbstverständlich auch anders sein.

Und ich bin keine Person of Color, das ist deutlich sichtbar. Das heißt aber nicht, dass ich mich nicht für diese Menschen einsetzen kann. Und darin sehe ich meine Aufgabe bei der Charta der Vielfalt – neben den vielen Aufgaben, die man als Geschäftsführer zusätzlich wahrnimmt, ob Finanzen, Personalthemen oder Strategie-Steuerung. Ich bin ein Verbündeter – ein Ally – für diejenigen, die sich nicht selbst für ihre eigene Dimension von Vielfalt einsetzen können. Wobei es mir ganz wichtig, immer mit diesen Menschen zu sprechen und nicht über sie.

Ich darf mich nicht einfach zum Sprachrohr für andere machen. Es gibt auch Fälle, in denen die Gruppen, für die ich sprechen möchte, das vielleicht gar nicht wollen. Da braucht es eine gewisse Empathie, eine gewisse Feinfühligkeit. Das ist elementar bei diesen Themen.

Die Charta selbst ist eine Arbeitgebendeninitiative, die Vielfalt in der Arbeitswelt fördern will und fördert. Es geht darum, die Anerkennung, Wertschätzung und Einbeziehung von Diversity in der Arbeitswelt voranzubringen. Die Wertschätzung und den respektvollen Umgang untereinander zu fördern, und das tun wir auf 2 verschiedenen Ebenen:

Es gibt auf der einen Seite die Charta als Selbstverpflichtung. Ein Unternehmen oder eine Institution kann die Charta der Vielfalt unterzeichnen und verpflichtet sich dann  diese Wertschätzung und diesen respektvollen Umgang zu fördern. Inzwischen haben die Charta über 4.600 Organisationen unterschrieben.

Seit 2006 gibt es die Charta als Urkunde, und seit 2011 gibt es den Charta der Vielfalt e.V., der – und jetzt kommen wir zur anderen Seite – Projekte umsetzt und ein Netzwerk gründet, damit Vielfalt in der Arbeitswelt gelebt und gefördert wird.

Seit letztem Jahr haben wir uns als Charta strategisch noch etwas weiter ausgerichtet, weil es nicht nur um die Arbeitswelt geht, sondern auch darum, Vielfalt in die Gesellschaft zu tragen. Das Gelingen von Vielfalt und den Sinn von Vielfalt in der Gesellschaft deutlich zu machen – das ist der nächste Schritt, den wir als Charta aktuell gehen.

Das klingt sehr spannend, auf die Projekte möchte ich gerne gleich noch einmal zu sprechen kommen. Aber weil du von den Unternehmen gesprochen hast: Wie sind diese in Deutschland – in Sachen Diversity – aufgestellt? Gibt es da großen Nachholbedarf oder würdest du sagen, wir sind auf einem guten Weg?

Besser und mehr geht immer, da sind wir uns einig. Aber: Wir sprechen vom Diversity Management in den Unternehmen: Und dieses Diversity Management ein immerwährender Prozess ist. Das heißt, man wird niemals fertig sein, egal wie gut das Diversity Management umgesetzt wird und wie lange es schon betreiben wird. Es geht immer weiter und es gibt immer neue Themen und Aspekte, die begleitet und berücksichtigt werden müssen. Und dabei ist es wichtig, dass dieses Thema als Strategiethema in der Unternehmensführung verankert ist. Man muss Diversity & Inclusion also vom Unternehmer, vom Geschäftsführer, vom C-Level aus denken und es in sein Unternehmen einsteuern.

Da stellen wir fest, dass viele Führungskräfte den Mehrwert bereits verstanden haben – wie gesagt, wir haben 4.600 Unterzeichner_innen. Im vergangenen Jahr hatten wir so viele Unterzeichner_innen wie nie zuvor und auch in diesem Jahr verzeichnen wir ähnliche Rekordzahlen

Es gibt sehr viele Organisationen, die die Charta der Vielfalt unterzeichnen, was u.a. darauf zurückzuführen ist, dass der Verein selbst eine gute Arbeit leistet und die Vorteile von Diversity Management erkannt werden. Und es deutet darauf hin, dass die Unternehmen verstanden haben, wie wichtig es ist, sich vielfältig aufzustellen.

Denn: Vielfalt hat mehrere Komponenten für das Unternehmen. Es ist u.a. ein Erfolgsfaktor. Insofern sehen wir schon, dass sich vieles tut. Aber wir werden nicht müde, auch irgendwann die allerletzten noch dazu zu holen, weil wir fest davon überzeugt sind, dass unser Engagement letztendlich auch gesellschaftlich etwas bewegen wird.

Weil du sagst C-Level, das sind dann eher größere Unternehmen mit einer großen Struktur und vielleicht sogar einem eigenen Diversity Manager. Gibt es Unterschiede zwischen den großen und kleinen Unternehmen?

Bei der Frage nach dem „Ob“ gibt es keinen Unterschied zwischen großen und kleinen Organisationen. Auch für die kleinen Unternehmen ist es wichtig, die Vorteile von Vielfalt, von Diversität zu erkennen und umzusetzen. Die Art und Weise, wie das geschieht, ist dann sicherlich unterschiedlich.

Es braucht in Kleinunternehmen keine großen Strukturen. Da gibt es andere Anknüpfungspunkte, ganz andere Mechanismen als in mittleren und großen Unternehmen. Dort braucht es dann schon Mitarbeitende, die sich mit Diversity Management auseinandersetzen, die die notwendigen Strukturen erarbeiten und die immer wieder dafür sorgen, dass die Diversity-Themen platziert werden. Denn – und das halte ich persönlich für sehr wichtig – es muss gelingen ALLEN Mitarbeitenden verständlich zu machen, warum der_die Arbeitgeber_in sich so intensiv damit beschäftigt. Es muss gelingen zu verdeutlichen, dass unsere Themen jede_n in den Unternehmen und Organisationen betreffen. Denn so wie ich es gerade beschrieben habe, trägt jede_r von uns verschiedene Dimensionen von Vielfalt in uns.

Wenn wir alle erkannt haben, welche großen Vorteile es bietet, dass mein Chef/meine Chefin respektvoll und wertschätzend mit mir umgeht, dass ich in einer Unternehmenskultur arbeite, wo ich mich frei fühlen kann, wo ich darüber reden kann und mich nicht dafür schämen muss, woher ich komme, an wen ich glaube oder wen ich liebe, wenn so eine Kultur geschaffen wurde, dann ist es ebenfalls gelungen, die Mitarbeitenden motivierter an die Arbeit zu bringen und leistungsfähiger zu machen.

Also völlig unabhängig, ob groß oder klein: Der Weg ist unterschiedlich, aber das Ziel ist immer das Gleiche.

Und jetzt nochmal zurück zu den Projekten, die du angeschnitten hast. Was plant und macht ihr da gerade?

Wir gehen mit riesengroßen Schritten auf den Deutschen Diversity-Tag zu. Es ist der 10. Deutsche Diversity-Tag, den die Charta der Vielfalt ausrichtet. Also ein kleines Jubiläum.

Es ist erneut unser Ziel, viele Unternehmen zu begeistern, sich am Diversity-Tag zu beteiligen – mit öffentlich wahrnehmbaren Aktionen, die zeigen, wie gut das Unternehmen im Bereich Diversity Management aufgestellt ist. Wir alle wollen gemeinsam diesen Tag und die Vielfalt feiern und die vielfältigen Menschen, die in unseren Unternehmen arbeiten und unserer Gesellschaft bereichern.

Warum? Das will ich gerne an einem Beispiel festmachen, denn das haben wir mehrfach mit Studien belegt: wenn ich eine Problemstellung im Unternehmen habe und es schauen acht gleichalte weiße Männer auf diese Problemstellung, dann ist der Lösungsweg im Grunde genommen schon vorgegeben und es kommt in den seltensten Fällen zu kreativen, innovativen Lösungen. Wenn ich aber mit acht ganz unterschiedlichen Menschen über dieses Problem spreche, wenn ich die unterschiedlichsten Aspekte in diesen Problemlösungsprozess einfließen lasse, dann komme ich sicher schneller ans Ziel und zu besseren Ergebnissen. Das ist vereinfacht dargestellt das, was Vielfalt generell bzw. im Arbeitsprozess ausmacht.

Um noch andere Projekte zu nennen:

Wir haben die DIVERSITY Challenge, einen Wettbewerb für junge Mitarbeitende in den Unternehmen, der Anreize schafft, dass sich junge Menschen (Zielgruppe bis 27) mit der Vielfalt in ihrem Unternehmen auseinandersetzen und selbst Ideen und Projekte erarbeiten, um die Vielfalt noch besser einzubeziehen.

Zudem haben wir ein Anti-Rassismus-Projekt initiiert. Es ist das erste Projekt, mit dem wir gezielt die Mitarbeitendennetzwerke in den Organisationen ansprechen.

Ich bin fest davon überzeugt, wenn jeder verstanden hat, warum Diversity Management so wichtig ist, dann wird diese Erkenntnis, diese Thematik auch mit nach Hause genommen und diskutiert das z.B. am Abendbrottisch mit der Familie, im Sportverein oder mit Freunden und Bekannten am Stammtisch. So bekommen wir eine Bewegung in die Gesellschaft, die wir dringend brauchen. Unser Land befindet sich in einer sehr schwierigen Situation. Unsere Demokratie war noch nie so fragil wie aktuell. Und Diversity Management kann einen wichtigen Beitrag leisten, um wieder Stabilität in unsere Gesellschaft zu bekommen. Diesen Beitrag wollen wir leisten – und diese Aufgabe nehmen wir und unsere Mitgliedsorganisationen an.

Ich möchte noch ein weiteres Projekt nennen: Gemeinsam mit dem Stifterverband entwickeln wir derzeit ein DIVERSITY Audit, um Unternehmen zu begleiten, Diversity Management noch besser gelingen zu lassen. Nach der Pilotphase, die im Herbst startet, werden wir das neue Audit ausrollen und anbieten.

Wie wird sich das Thema als in den nächsten Jahren weiterentwickeln, mittelfristig und langfristig? Siehst du da einen Trend?

Einen Trend sehe ich tatsächlich: Allein an den Unterzeichner-Zahlen wird deutlich, dass es vorangeht und immer mehr Unternehmen erkennen, wie wichtig Diversity ist – für das Management, für den Wirtschaftsfaktor Deutschland und auch für den Erfolg eines Unternehmens. Gerade in Zeiten von Umbrüchen und Krisen. Schließlich setzen sich am Ende Organisationen durch, die in diesem Bereich gut aufgestellt sind.

Diversity verknüpft sich momentan mit vielen Themen. Es geht um Nachhaltigkeit, es geht um Klimaschutz, es geht um Gesundheit. All diese Themen haben am Ende mit dem Faktor Mensch und damit auch mit Vielfalt zu tun. Diese Verknüpfungen sicherzustellen und diese Verknüpfungen mitzudenken ist auch Aufgabe der Charta.

Denn: Diese Verknüpfung ist noch nicht allen bewusst. Und das Bewusstsein dafür müssen wir schaffen und stärken!

Dafür brauchen wir auch das Zusammenspiel der Player, die sich in diesem Bereich engagieren. Das sind nicht nur Unternehmen, das ist natürlich auch die Politik, das sind andere NGOs und Organisationen, die mithelfen und mitdenken müssen.

Das ist ein wichtiger Punkt – Corporate Social Responsibility (CSR) Management ist mittlerweile in vielen Unternehmen sehr zentral geworden – das Thema Diversity muss weitergedacht werden. Wie wird das weiter gehen?

ESG (Environmental Social Governance) und auch CSR müssen weitergedacht werden – und da hat die Charta eine wichtige Rolle eingenommen.

In den kommenden Jahren werden wir immer weiter Fortschritte machen. Die Charta der Vielfalt hat da einen klaren Auftrag.

Anfang letzten Jahres hatten wir 29 Mitgliedsorganisationen, das sind die Unternehmen, die die Geschäftsstelle der Charta auch finanziell ausstatten, die sich langfristig an die Charta gebunden haben und erkannt haben, dass es wichtig ist, dass es so eine Organisation gibt.

Jetzt, anderthalb Jahre später, haben wir 36 Mitgliedsunternehmen. Das ist kein einfacher Prozess. Da geht es auch um die Frage, wer zu uns passt, wer glaubwürdig und nachhaltig Diversity Management betreibt? Zudem ist ein jährlicher Mitgliedsbeitrag zu zahlen. Das muss man als Unternehmen auch wollen und damit klar zum Ausdruck bringen, dass man sich als Unternehmen seiner gesellschaftlichen Verantwortung stellt.

Insofern bin ich guter Dinge, dass wir in wenigen Jahren noch stärker aufgestellt sind und noch intensiver unsere Themen in die Arbeitswelt und in die Gesellschaft tragen können. Wir sind auf einem sehr guten Weg. Wir verzeichnen eine positive Entwicklung, und wir werden nicht müde, unseren Beitrag dazu zu leisten. 

Was man zudem wissen muss: Bis auf einen europäischen Staat haben inzwischen alle europäischen Nachbarländer ebenfalls Charta-Organisationen. Auch hier hat die Charta der Vielfalt eine Vorreiterrolle.

Hier sieht man auf europäischer Ebene, was sich auf nationaler Ebene bei uns in Deutschland zeigt: ein funktionierendes Netzwerk! Mit 36 Mitgliedsunternehmen und dem Netzwerk der 4.600 Unterzeichnerorganisationen gibt es so unendlich viel Wissen und Knowhow, das auch ausgetauscht wird – und das ist wichtig und sehr hilfreich. Viele Unternehmen haben ähnliche Herausforderungen, und das Rad nicht überall neu erfunden werden. Irgendjemand im Netzwerk hat ähnliche Herausforderungen schon gehabt und Lösungen dafür gefunden. Und mit den anderen in den Austausch zu gehen und davon zu lernen, ist der große Nutzen, der große Mehrwert, den das Charta-Netzwerks bietet.

Gibt es eine Dachorganisation in Europa?

Die Dachorganisation ist im Grunde genommen die EU. Aber die EU nimmt hier eher eine koordinierende Funktion wahr.

Es gibt einen regelmäßigen Austausch der 26 Charta-Initiativen. Ein aktuelles Beispiel für die positive Zusammenarbeit ist eine gemeinsame Stellungnahme aller 26 Charta-Initiativen zum Krieg in der Ukraine. Daran war zu erkennen, wie gut und wie schnell die Zusammenarbeit funktioniert.

Hast du denn persönlich irgendein Projekt, das dich besonders beeindruckt hat, ein Lieblingsprojekt – oder sind alle Lieblingsprojekte?

Mein Lieblingsprojekt ist die Charta der Vielfalt selbst, weil ich den zurückliegenden anderthalb Jahren erleben durfte, wie großartig und wie motiviert das gesamte Team zusammen wirkt – und weil der Verein auch wächst.

Meine Vorgängerin hat die Charta aufgebaut – viele Jahre mit nur wenigen Mitarbeiter_innen. Heute sind wir 15 Kolleg_innen, was immer noch nicht richtig viel ist für das, was die Charta leistet. Aber es ist deutlich mehr als noch vor einigen Jahren. Wie dieses Team zusammen agiert und was es leistet, beeindruckt mich jeden Tag wieder.

Am Schluss noch zu Dir: Gibt es denn ein Vorbild in Deinem Leben oder hat Dich jemand in Deinem Werdegang besonders beeindruckt oder beeinflusst?

Ich habe das große Glück gehabt, in meiner beruflichen Laufbahn sehr viele beeindruckende Menschen kennenzulernen und auch im persönlichen Austausch zu sein. Wenn ich an den Sport denke: Ich bin ehemaliger Tennisspieler, da ist Roger Federer ganz weit oben, der mich beeindruckt hat als Sportler, nicht nur wegen der sportlichen Erfolge, sondern eben auch wegen seines Sportsgeistes, seiner Fairness, seiner Menschlichkeit, seines Engagements für andere.

Ich durfte auch den damaligen amerikanischen Präsidenten Obama kennenlernen, der mich mit seiner Familie sehr begeistert hat. So gibt es noch einige andere Menschen.

Tatsächlich nachhaltig beeindrucken mich die paralympischen Sportler_innen, die ich persönlich kenne. Was diese Menschen leisten, trotz aller Einschränkungen, trotz der persönlichen Schicksale, die sie zum Teil erlitten haben. Nicht alle sind mit körperlichen Beeinträchtigungen geboren, sondern es sind teilweise auch Unfälle gewesen, die dazu geführt haben.

Hast Du ein Lieblingszitat für uns am Schluss?

Ja, das habe ich, und es begleitet mich schon sehr lange.

Wer kämpft, der kann verlieren. Aber wer nicht kämpft, der hat schon verloren.

Und um in diesem Bild zu bleiben: Der tägliche Kampf für Diversity Management, den wir als Charta austragen, war nicht immer nur erfolgreich. Es gab auch Niederlagen. Aber diese Rückschläge haben nie dazu geführt, dass wir aufhören zu kämpfen. Und so engagieren wir uns weiter erfolgreich für unsere Themen. Dieser Satz ist im Sport genauso wichtig und richtig wie in der Arbeitswelt, in der Gesellschaft und in allen anderen Bereichen. Deswegen wird er mich auch weiterhin begleiten.

Ein sehr guter Satz. Vielen Dank für das Gespräch – es war sehr spannend und lehrreich.

Vielen Dank für Deine Zeit.