Hohe Fluktuation? So binden Sie Ihre Mitarbeiter langfristig ohne mehr Gehalt zu zahlen
Das Schreckgespenst vom Fachkräftemangel geistert seit Jahren durch die Gastronomie. Für viele Gastronomen ist es daher gängige Praxis ständig neue Mitarbeiter finden zu müssen. Das bringt etliche Nachteile mit sich: Unruhe im Betrieb, Einbußen, wenn die Arbeitskraft nicht vernünftig ersetzt werden kann und hohe Kosten für Suche und Einarbeitung.
Führungskräfte in der Gastronomie brauchen neue Strategien, um die passenden Fachkräfte zu finden und vor allem langfristig an ihr Unternehmen zu binden.
Erfahren Sie in diesem Artikel die Hintergründe hoher Fluktuation und wie Sie ein Unternehmensklima erschaffen, in dem sich Ihre Mitarbeiter so fühlen, dass sie sehr lange bei Ihnen bleiben wollen und sogar Jobangebote mit mehr Gehalt ausschlagen.
Hohe Mitarbeiterfluktuation: Das sind die Gründe
In der Gastronomie und Hotellerie fehlen in Deutschland ca. 300.000 Mitarbeitende. In den letzten zwei Jahren hat fast jeder fünfte Mitarbeiter der Gastronomie den Rücken gekehrt. Es gibt also einen riesigen Personalmangel. Deswegen ist es umso wichtiger seine Mitarbeiter lange an seinen Betrieb zu binden.
Gerade das Gehalt (kein Trinkgeld und Kurzarbeitergeld auf das geringe Grundgehalt) war ein ausschlaggebender Punkt, warum viele Angestellte sich einen Job in einer anderen Branche gesucht haben. Doch es gibt auch weitere Gründe, warum Mitarbeiter Ihren Betrieb verlassen:
- Betriebliche Faktoren: Keinen Spaß mehr, Konflikte mit dem Chef oder dem Team
- Außerbetriebliche Faktoren: Schlechte Verkehrsanbindung, Branche und Wirtschaftslage
- Persönliche Faktoren: Weiterbildungen, Umzüge und Familienplanungen
Bevor Sie die Fluktuation reduzieren können, müssen Sie erst einmal wissen, welche Gründe dahinter liegen. Diese können sehr vielfältig sein und meistens gibt es mehrere Gründe, warum Mitarbeiter Ihr Unternehmen verlassen.
Es gibt zum einen emotionale Gründe, wie das Image Ihres Betriebes, die fehlende Bindung zum Unternehmen und den Kollegen, zu hoher Druck, enttäuschte Erwartungen oder dass die Mitarbeiter keinen Sinn mehr in ihrer Arbeit sehen. Rationale Gründe sind z.B. flexiblere Arbeitszeiten, höheres Gehalt, kürzere Arbeitswege oder bessere Jobangebote.
Schauen wir uns das einmal genauer an:
Einstellung und anschließende Einarbeitung
In Betrieben mit hoher Fluktuation gibt es häufig eine Schwachstelle im Recruiting Prozess. Oft werden Kompromisse bei der Einstellung neuer Mitarbeiter gemacht. Zum einen wird nicht klar kommuniziert welche Erwartungen Sie als Unternehmen an den Arbeitnehmer haben und zum anderen, welche Leistungen Sie im Gegenzug auch bereit sind zu erbringen. Diese müssen in der Stellenausschreibung klar kommuniziert werden.
Wenn Bewerber nicht in der Lage sind einzuschätzen, was sie später erwartet, ist schnell die Enttäuschung da und sie verlassen den Betrieb schnell wieder.
Faustregel #1: Machen Sie nie Zusagen, die Sie später nicht einhalten können.
Besprechen Sie mit Bewerbern eingehend, mit welchen Aufgaben und Arbeitszeiten zu rechnen ist.
Auch die Einarbeitung selbst braucht eine hohe Qualität. Gerade wenn es stressig ist, leidet darunter in der Regel die Einarbeitung neuer Mitarbeiter. Um eine gleichbleibend hohe Qualität sicherzustellen und den Druck von den erfahrenen Mitarbeitern zu nehmen, kann z.B. mit einer Lernplattform gearbeitet werden, wo die wichtigsten Abläufe erklärt werden. So weiß der neue Mitarbeiter schon vor dem ersten Arbeitstag, wie die Abläufe bei Ihnen im Betrieb sind und findet sich somit schneller zurecht.
Faustregel #2: Schaffen Sie ein System, damit auch in stressigen Zeiten weiter gelernt wird.
Hohe Mitarbeiterfluktuation aufgrund eines schlechten Betriebsklimas
Probleme mit den Vorgesetzen oder Kollegen sind leider keine Seltenheit. Herrscht kein gutes Betriebsklima oder hat der Vorgesetzte kaum Zeit für seine Mitarbeiter, begünstigt das die Abgänge von Angestellten.
Wenn die Führungskraft nicht bemerkt, dass es seinen Mitarbeitern nicht gut geht, weil z.B. die Belastbarkeitsgrenze überschritten wurde, gibt es oft große Augen, warum der Mitarbeiter den Betrieb verlässt. Warum hat der Mitarbeiter bloß nichts gesagt?
Ist das Verhältnis zwischen den Mitarbeitern nicht gut und niemand hilft, die Konflikte aus der Welt zu schaffen, wird die Kündigung oft als einziger Ausweg gesehen.
Die Führung hat daher eine erhebliche Auswirkung auf die Fluktuationsrate in einem Betrieb. Gut ausgebildete Führungskräfte können hier Abhilfe schaffen. Dafür sind Trainings und Coachings sehr hilfreiche Maßnahmen.
Faustregel #3: Ermutigen Sie Ihre Mitarbeiter offen, mit Ihnen zu sprechen.
Hohe Mitarbeiterfluktuation: Die Nachteile für Sie als Arbeitgeber
Die Auswirkungen einer hohen Mitarbeiterfluktuation für Ihr Unternehmen sind nicht immer sofort ersichtlich. Sie schlagen sich zum einen in den Finanzen wieder, aber auch in dem verloren gegangenen Wissen. So oder so bedeutet eine hohe Fluktuation selten etwas Gutes.
So gehen Sie bei der Analyse vor:
1. Um die tatsächlichen finanziellen Kosten der Fluktuation zu berechnen, analysieren Sie die Gründe:
- Wer verlässt das Unternehmen?
- Was sind die Gründe? (Tipp: Geld spielt Umfragen zufolge nur in 1/3 aller Fälle eine Rolle)
- Verlieren wir einen leistungsstarken Mitarbeitenden?
- Wie kann der Angestellte am besten ersetzt werden?
2. Anschließend verschaffen Sie sich einen Überblick über die anfallenden Kosten.
Wichtig hierbei zu verstehen ist, dass diese Kosten oftmals zu niedrig eingeschätzt werden. Das kann schnell zu Problemen führen und drastische Konsequenzen nach sich ziehen:
- Kosten vor der Kündigung: Oft arbeiten die Mitarbeiter langsamer, sind öfter krank oder bringen sich nicht mehr ein.
- Kosten durch die Kündigung: Rechtsstreits, Abfindungen oder Lohnfortzahlungen trotz beendeter Arbeit sind offensichtliche Faktoren. Nicht so offensichtlich: Bleibt wichtige Arbeit liegen, oder verzögern sich Arbeitsabläufe?
- Kosten nach der Kündigung:
- Rekrutierung: Kosten für Stellenanzeigen, Vorstellungsgespräche, Testverfahren, etc.
- Einarbeitung: Die Einarbeitung neuer Mitarbeiter kostet Zeit und Geld.
- Wissensverlust: Bei Leistungsträgern geht wichtiges Wissen verloren – u.U. existenzbedrohend
- Produktivität: Fehlender Ersatz oder Motivationsmangel verlangsamen
Hohe Mitarbeiterfluktuation: Das können Sie für eine langfristige Bindung Ihrer Angestellten tun
Tipp: Führungskräfte beeinflussen 70 Prozent des Engagements Ihres Teams! Deshalb haben sie eine große Verantwortung.
Stellen Sie sich daher folgende Fragen:
- Was braucht das Team von Führungskraft und Unternehmen, um die bestmögliche Leistung zu erbringen?
- Was bewegt die Mitarbeiter?
- Was sind deren Bedürfnisse? Wo liegen die Prioritäten?
Stellen Sie den Mitarbeitenden folgende Fragen:
- Was findest du gut?
- Was findest du nicht gut?
- Welche Verbesserungsmöglichkeiten siehst du?
So bauen Sie einen guten Draht zu Ihren Mitarbeitern auf, weil sie sich gesehen und ernst genommen fühlen. Je nach Vertrauenslevel können Sie entweder sofort mit direkten Gesprächen starten oder erstmal mit anonymen Mitarbeiterbefragungen.
Außerdem ist es wichtig Exit-Gespräche zu führen, damit sie herausfinden, was die individuellen Kündigungsgründe sind. Dieses Gespräch wird am besten von einer neutralen Person durchgeführt. So können Sie erkennen, ob sich die Gründe für Kündigungen wiederholen, denn nur dann wird es Ihnen möglich sein, gezielt zu reagieren und mit Verbesserungen gegenzusteuern.
Faustregel #4: Führen Sie bewusst Exit-Gespräche
Mitarbeiterfluktuation senken durch wertschätzende Führung
Gerade die Beziehung zum Vorgesetzten ist ein häufiger Grund, warum Mitarbeiter ein Unternehmen verlassen.
„Mitarbeiter kommen wegen des Jobs – und gehen wegen des Chefs“
Malte Hansson
Nur wenn sich Ihre Mitarbeiter wohlfühlen, können Sie die Fluktuation wirklich nachhaltig senken. Deswegen steht die Fluktuation im direkten Zusammenhang mit der Motivation der Mitarbeiter.
Die wichtigsten Faktoren für motivierte Mitarbeiter sind:
- gute Führung
- freundliche Kollegen
- positive Arbeitsatmosphäre
- erfüllende Arbeitsinhalte
Geld spielt nur eine untergeordnete Rolle! Mehr als die Hälfte der Mitarbeiter wünscht sich eine Führungskraft, die sie fair behandelt und aktiv fördert. Sie wollen Entwicklungsmöglichkeiten sehen, sie wollen etwas bewirken, Erfolgserlebnisse haben und dafür gelobt werden sowie Spaß an ihrer Arbeit haben.
Das kann durch transparente Führung und eine mitarbeiterorientierte Kultur sichergestellt werden. Dazu braucht es einen wertschätzenden Umgangston, gemeinsame Werte, Regeln und Überzeugungen sowie eine Feedback-Kultur. Fairness ist ein ganz entscheidender Faktor.
Faustregel #5: Zeigen Sie sich gerecht, uneigennützig und berechenbar
Geben Sie Ihren Mitarbeitern Raum, um Erfahrungen zu teilen und loben Sie sie auch vor der Gruppe. Führen Sie regelmäßig Mitarbeitergespräche, um herauszufinden, was Ihre Mitarbeiter bewegt. Was gefällt ihnen, was nicht? Gibt es private Probleme, die sich auf die Arbeit auswirken? Was lief gut und was nicht? Wo gibt es Verbesserungsmöglichkeiten?
Hinzu kommt, dass Sie die Stärken Ihrer Mitarbeiter zu erkennen und diese weiter auszubauen und gezielt zu fördern bzw. Schwächen auszumerzen, sofern sie sich als Erfolgsverhinderer herausstellen.
Hohe Mitarbeiterfluktuation: Bieten Sie was andere nicht können
Gerade in der Gastronomie und Hotellerie wird oft gearbeitet, wenn die anderen frei haben. Sie sind der Champ, wenn Sie Ihren Mitarbeitenden Möglichkeiten aufzeigen können, wie sie trotzdem oder gerade deshalb eine gute Work-Life-Balance erzielen. Zeigen Sie, wie sie Zeit mit ihren Freunden und der Familie verbringen können: Erklären Sie ihnen, dass sie gerade so ihre Kinder besser unterstützen können. Schon heben Sie sich von der Konkurrenz ab und können die Wahrscheinlichkeit senken, dass sich Ihre Angestellten nach einer neuen Stelle umsehen.
Faustregel #6: Erklären und leben Sie, die Vorteile von Arbeiten in der Gastronomie
Checkliste zum Senken der Abwanderung
Abschließend hier noch eine Checkliste, mit der Sie Ihre Mitarbeiterfluktuation senken können:
- Sind die Werte, Ziele und Strategien Ihres Unternehmens für die Mitarbeiter klar ersichtlich?
- Sind die Verantwortlichkeiten sinnvoll verteilt und klar kommuniziert?
- Ist das Verhalten der Führungskräfte und Kollegen fair, transparent und verbindlich?
- Führen Sie regelmäßig Mitarbeitergespräche inkl. wertschätzendem Feedback der Leistung?
- Gibt es gezielte Fördermaßnahmen für Ihre Mitarbeiter? (Können sie in ihrem Job lernen und wachsen? Gibt es Weiterbildungsmaßnahmen? Welche Aufstiegsmöglichkeiten gibt es?)
- Gibt es eine geregelte Work-Life-Balance? Wie ist die Stimmung im Team?
Mehr zu diesem Thema finden Sie beim Führungsexperten & Coach Malte Hansson und in seinem Blog „Klarheit gewinnen“.